Zu den peinlichsten Verhaltensweisen im digitalen Savoir-vivre gehört angeblich, sich selbst zu googeln. Wenn das so ist, werde ich das nächstens tun. Die Gegenstromanlage der gesellschaftlichen Norm ist unsereins gleichermaßen Lebensquell und Biotop.
ZU FAUL ZUM WEITERLESEN? DANN HÖR MIR ZU!
Im Blogcast lese ich Dir diesen aktuellen Blogartikel vor. Mit Betonung, versteht sich!
Vorher noch werde ich allerdings, quasi als Verbeugung vorm aktuell wehenden Weltgeist, ChatGPT fragen, was man denn dort so über mich weiß. Praktisch alle, die das bisher machten, konnten auf diesem Wege Sonderliches über sich selbst in Erfahrung bringen, einschließlich ihres lang zurück liegenden Sterbetags. Sokrates lacht sich ein bissel ins Fäustchen, während er mit der anderen Hand „ich weiß, dass ich nichts weiß“ googelt und prompt bei seinem prallen Wikipedia-Eintrag landet.
Dennoch: Wer was wissen will und auf sich hält, googelt nicht mehr, sondern promptet in den Trichter der Künstlichen Intelligenz. Dort rinnen dann Antworten ohne Ende raus, und was will man mehr.
Denken wir uns mal weg, was uns durch KI alles droht. Offen gesagt steht zu befürchten, dass die Phase der Drohung bereits verwichen ist, Pandoras Büchse weit offensteht und der Zauberlehrling nun bald mal nach dem alten Hexenmeister rufen sollte, solange dafür seine Puste noch reicht, mit dem Python um seine Gurgel. Denken wir uns das also weg und freuen wir uns über die vielen guten Daten, die KI für uns erzeugen könnte. Wenig Fantasie reicht aus, um nicht zu fassen, und um schon gar nicht zu erfassen, was es alles gibt. Oder bald mal gibt.
Was es nicht alles gibt? Oder was es alles nicht gibt? – Da springt uns ja sofort eine der großen philosophischen Fragen an, die da lautet: „Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?” Eine der fundamentalen Fragen, die vor auch schon wieder 310 Jahren aufgeworfen wurde. Von Gottfried Wilhelm Leibniz, der – für die Generation Bildungskrise – nicht die Leibniz Butterkekse erfand, sondern ein Stückerl neuzeitliche Philosophie. Lässt sich googeln.
Wenn du ChatGPT fragst, warum denn überhaupt etwas, und nicht nichts ist, endet das gelieferte, doch überraschend kompakte Ergebnis wie folgt: Jede dieser Perspektiven bietet unterschiedliche Antworten auf die Frage, aber keine kann abschließend beweisen, warum überhaupt etwas ist und nicht vielmehr nichts. Es bleibt eine Frage, die weiterhin Philosophen, Wissenschaftler und Theologen gleichermaßen fasziniert und beschäftigt. – Ja super. Danke für … nichts. Wir grübeln also selbst weiter und hoffen auf ein Upgrade der Software.
Zugegeben, ich selbst bin ja eher auf Kunst als aufs Künstliche programmiert und deshalb ein Evangelist des analogen Schaffens, dennoch dem digitalen Werkzeugs mit sperrangelweit offenem Herzen zugetan. KI-Kleinigkeiten wie DeepL machen mir mein Leben wesentlich leichter und mit AudioPen bin ich mittlerweile bei meinem kontemplativen Herumstreunen im intensiven Gespräch. Okay, das Gespräch ist ein Monolog, aber wir sind dennoch fix zusammen.
Fragen über Fragen.
Als ich letzte Woche in einem internationalen Marken-Projekt einen pfiffigen Planner erlebte, der mittels KI in Windeseile ein pralles Research-Paket erstellte, flutete mir das Wasser im Mund zusammen. Am allermeisten beeindruckten mich dabei allerdings die smarten Fragen, die der Kerl stellte, die Prompts also. Denn eines bringt uns KI schnell über sich selbst bei: der trotzige Schutzwall gegen einen aus dem Datenmeer anstürmenden Profanitäts-Tsunami wird aus den gekonnten, den guten, den schlauen Fragen errichtet. Und schon erklingt ein Satz vom alten Stubenhocker Immanuel Kant, der nicht die gleichnamige Wurst (und auch nicht den Butterkeks) erfand, sondern sozusagen die Aufklärung: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.”
Darum geht’s: „… deines eigenen Verstandes!” Denn, digital oder analog: noch bestimmt der Wirkende das Werkzeug. Noch, allerdings wird die Zeit langsam knapp.
Antworten gibt’s wie Sand am Meer. Frag irgendwo, irgendwen oder irgendwas, du wirst mit Antworten überschüttet. Du bist wehrlos, du wirst mit Antworten überschüttet, so oder so. Die Social Media-Plattformen platzen fast vor Antworten, manche davon sind sogar nützlich, oh ja, doch.
Was wir aber brauchen, das sind eben die gekonnten, die guten, die schlauen Fragen. Und so wie es aussieht, brauchen wir bessere Fragen, als wir sie bisher regelmäßig im großen Stil stellen. Zumal im Business-Kontext.
Das hexenmeisterliche Zauberfragewort dafür lautet „Warum?” Wie zum Beispiel in „Warum tun wir, was wir tun?” Wenn die Antwort darauf lautet, „Na logo, damit wir Profit machen! Shareholder Value, Baby!”, oder „Damit wir Marktanteile gewinnen, Marktführer werden und bleiben!”, oder „Weil Wohlstand Wachstum braucht, Stupid!”, dann sind diese Antworten zwar vermutlich nicht falsch, aber definitiv nicht richtig. Zweifellos sind sie die Antwort auf die ungestellte Frage, „Was ist das Gegenteil von Aufklärung?”, denn die ist, wieder Onkel Kant: „… der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.”
Wirtschaft um des Wachstums willen, Innovation um des Neuen willen – das ist der direkte Eingang in die selbstverschuldete Unmündigkeit, in die Abhängigkeit vom Profit als Daseinszweck. Sämtliche anfeuernden Rufe aus dieser Kiste als Zielvorgaben an sich selbst, sein Team, seine Mitarbeiter und seien sie mit noch so viel Visionsglitter bestäubt, sind nichts als Irrlichter, nichts als der Lärm vor der Niederlage. Die Fanfaren am Triumphzug in die selbstverschuldete Unsinnigkeit. Die lässt sich dann als innere Kündigung, Frustration, Depression oder Burnout trefflich erleben. Solcherlei wuchert uns doch zu, uns erfolgreiche Menschen. Und, kann bei Gelegenheit jemand prompten, welche Art von Wohlstand denn dafür sorgt, dass weltweit die Zahl der mental Erkrankten gerade unter jungen Menschen wie verrückt ansteigt?
Was tun wir denn da?
Mit zunehmender Digitalisierung und Dank allem, was die KI an unbequemen Antworten noch so auf Lager hat, wird uns die entscheidende Frage an die Wand geschrieben, und zwar mit dem Nasenblut von Milton Friedman: „Wofür sind wir da?” – Wofür und für wen? Das ist die Frage nach dem Sinn, nach unserer Story, nach Ausgangspunkt, Verwandlungsweg, Ziel unserer Reise und nach dem, was wir bei unserer Heimkehr an heilsamer Erkenntnis mitbringen in unsere alte Welt. Das ist die Frage danach, wie uns unser Leben gelingt und wie wir uns selbst gelingen.
Wäre diese Frage nicht der perfekte Ausgangspunkt für eine neue Geschichte, für die NEW STORY über unsere Wirtschaft, über Business, über was, wie und wo wir arbeiten? Und warum, vor allen Dingen. Und wofür. – Für Gewinne? Ja schon, unbedingt auch! Her damit! Aber da gibt es noch etwas Besseres. Für… einander zum Beispiel.
Viele der großen, universellen Geschichten, die wir Menschen über Generationen teilen, stellen Fragen und geben uns scheinbar Antworten. Tatsächlich begleiten sie uns zur Möglichkeit einer Antwort. Sie machen Mut, uns unseres eigenen Verstandes zu bedienen und leuchten den Weg zum Ausgang aus unserer selbstverschuldeten Unmündigkeit aus.
Wenn wir also die Frage „Wofür wir da sind“ an den Beginn unserer Geschichte stellen – oder, wie es viele, viele, viele derzeit tun, an den Beginn eines neuen Kapitels ihrer Story, ihres Change-Prozesses, ihres Re-Brandings, ans Hinterfragen der Marken-Werte, solche Sachen, an den Beginn des Kapitels der Verwandlung, dann haben wir am Ende, etwas Besseres als bloß Unternehmen und Jobs, die gut sind. Dann haben wir solche, die gut für etwas sind, für uns alle, weil nach dem happy Ende das wahre Wachstum steht: das über sich hinaus, jenseits von Marktanteilen und Profit. Dann haben wir das, was oft als „nachhaltige Unternehmensstory” bezeichnet wird, aber resilientes Unternehmen meint. Das gilt naturgemäß nicht nur für Companys, sondern, weil Story ja als universelle Kraft wirkt, gilt das für Companys nur, weil der Funke erst in jedem von uns selbst zündet und von uns auf Andere, auf Gruppen, Gemeinschaften, Teams, Unternehmen und die Gesellschaft überspringt.
Es geht ums Ganze.
Derlei fundamentale Fragen prompten wir uns nicht mit künstlicher, sondern mit kunstvoller Intelligenz. Die Antwort darauf gibt gleichzeitig Auskunft auf unsere Ur-Frage, warum wir denn überhaupt hier sind, wir Menschen, was denn der ja: Sinn unseres Daseins sein könnte. Dann wird aus einem KI-Ergebnis ein Real Life Erlebnis.
Was KI allerdings für uns tut, bevor sie noch tut, was sie lieber nicht tun soll: sie weist uns darauf hin, dass die Qualität unserer Fragen an uns selbst pfleglichste Zuwendung braucht. Nur so bekommen wir Fragen als kraftvolle Antwort auf wichtige Fragen, die wir uns längst hätten stellen sollen.
An dieser Stelle kommt der philosophische Poet Rainer Maria Rilke geflogen und springt den poetischen Philosophen Kant und Leibniz bei. Er trägt ein Brieflein an einen jungen Dichter im Schnabel, in dem zu lesen steht: „Sie sind so jung, so vor allem Anfang, und ich möchte Sie, so gut ich es kann, bitten, lieber Herr, Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Ihrem Herzen und zu versuchen, die Fragen selbst liebzuhaben wie verschlossene Stuben und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind. Forschen Sie jetzt nicht nach den Antworten, die Ihnen nicht gegeben werden können, weil Sie sie nicht leben könnten. Und es handelt sich darum, alles zu leben. Leben Sie jetzt die Fragen. Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein.”
Wenn das nicht Kunstvolle Intelligenz aus der Meisterklasse ist, dann weiß ich auch nicht mehr weiter.
Falls du für dich selbst, deinen Beruf, dein Unternehmen, dein Team oder deine Marke spürst, dass die Fragen nach dem wahren Wert, dem Warum, dem Wofür, dem Sinn deiner Arbeit lauter werden, dass du überhaupt auf der Suche nach der entscheidenden Frage nach deiner Aufgabe bist, nach deiner neuen Geschichte, deiner NEW STORY, wenn du wie viele andere im Aufbruch und bereit zur Verwandlung bist, wünscht du dir vermutlich unterstützende Begleitung durch einen Mentor, der ein glühendes Fragezeichen als Wanderstab benutzt. Und wenn du das Gefühl hast, ich könnte dieser für dich sein, wäre es mir eine Ehre, dich mit meinen NEW STORY-Programmen dabei zu begleiten. Alles dazu findest du hier, hier oder hier.
So oder so gilt: wenn wir uns selbst und unser Tun öfter hinterfragen und uns so selbst und einander besser kennen- und verstehenlernen, wären wir alle zufriedener und liebevoller mit uns selbst als wir es jetzt sind, und mit unseren Mitmenschen auch. Unsere Welt wäre ein friedlicherer Ort als er es heute ist. Das wäre doch wirklich intelligent, oder?
Außerdem wäre das ein Zeichen gelebter Aufklärung, findet meine Großmutter, die alte Story Dudette. Die ist gerade damit beschäftigt, zum 300. Geburtstag von Immanuel Kant ein prächtig fettes Jubiläumstörtchen zu fabrizieren, auf das sie mit Bröseln aus Leibniz Butterkeksen die glückwünschenden Worte streut: „New Story. New Glory.“