Vordergründig könnte man die dänische Erfolgsserie Borgen als so etwas wie House of Cards light bezeichnen. Sie handelt von der Vorsitzenden der Partei Die Moderaten Birgitte Nyborg, die durch einen Skandal des amtierende Ministerpräsidenten im Wahlkampf unerwartet selbst Ministerpräsidentin wird und nun die unverhoffte Chance in Händen hält, ihre versprochene andere Art von Politik in einer wackeligen Koalition zu verwirklichen.
ZU FAUL ZUM WEITERLESEN? DANN HÖR MIR ZU:
Im Blogcast lese ich Dir diesen aktuellen Blogartikel vor. Mit Betonung, versteht sich!
Dass in dieser Geschichte ein Spin Doctor eine entscheidende Rolle spielt, versteht sich. Denn Framing – die geschmeidige Darstellung wie das was ist, sein könnte – bringt den Machterhalt und der ist im heutigen Politik-Biz nun mal ein anderes Wort für Erfolg. Und dessen einzige Messgröße.
Shareholder-Value-Denken für Wertegemeinschaften, quasi: Man kauft den polierten Rahmen und nimmt das Bild, das er framed, zur Kenntnis. Inhalt als Zuwaage.
Was für ein Bild!
Tatsächlich erzählt Borgen von Menschen, die mit all ihren Hoffnungen und Talenten versuchen, ihre hehren Ziele zu erreichen und dabei trotz all ihrer Unzulänglichkeiten und Fehler gute Menschen zu sein, was auch immer das für den Einzelnen bedeuten mag. Dafür haben sie einige Werte als Koordinatensystem zur Hand und scheitern regelmäßig daran, also an sich selbst, weil ihnen ihr Ego ins Steuerrad greift, das sich gerne als Sachzwang meldet und Opportunismus aussehen lässt wie Pragmatismus. So wird selbst der faulste Kompromiss bald salonfähig, und in den Gängen und Hinterzimmern der Partei- und Regierungsbüros verwechselt man den Mief des notwendigen Übels mit dem Sweet Smell of Success.
Man erzeugt durch seine Entscheidungen eine gelebte Wirklichkeit, und begründet diese dann mit der Ausrede auf „das System”, das eben so wäre wie’s ist, als hätte man es nicht mit dem Bihänder selbst erzeugt.
So gesehen erzählt Borgen die Geschichte von uns allen, eine Geschichte, die wir fast selbstverständlich und immer wieder mit unserem Denken, Nicht-Denken, durch Handeln und Nicht-Handeln schreiben und im praktischen Tun ins Leben bringen. In uns ein-schreiben.
Spin Doctor oder Truth Maker?
Auf unserer Lebensreise finden wir uns in hektischer Taktung an der Gabelung zweier Wege: der leichte und der richtige Weg stehen zu Auswahl.
Man möchte meinen, es handle sich dabei um ein Dilemma, also die Entscheidung zwischen Fußpilz und Krätze. In der Tat zeigen wir an dieser Weggabelung, wer wir sind, denn nichts weniger als unsere Werte stehen dort zur Disposition.
„Jede Entscheidung wird einfach, wenn Du Deine Werte kennst”, sagte Roy Disney seinerzeit, und machte damit in einem Aufwaschen den Unterschied zwischen einfach und leicht klar. Am leichten Weg spazieren wir mit leichtem Gepäck: unsere Werte belasten uns dort nicht.
Allerdings führt der leichte Weg – wohin er auch führt – fort von uns selbst. Denn unsere Werte sind das, was wir sind, sind unsere Wahrheit.
Werte müssen einem schon etwas wert sein, und entscheiden heißt verzichten. Auf Bequemlichkeit, auf Konfrontation, auf Geld/Erfolg/Karriere, auf die Auseinandersetzung mit sich selbst, auf … Wahrheit … You get the idea, oder?
Das Leben selbst ist nämlich das glatte Gegenteil eines Spin Doctors, es ist der ultimative Truth Maker. In jenem Augenblick, in dem wir den leichteren Weg einschlagen, der uns von unserer Wahrheit entfernt, setzen wir den ersten Schritt auf einer hoffentlich lehrreichen Nachhilfe-Runde und wir kommen früher oder später an anderer Stelle zur nächsten Weggabelung, die ähnlich deutlich ausgeschildert ist: hier leicht – dort richtig. Das Leben will es wieder wissen, weil es wissen will, wer wir sind. Weil das Leben ja unser Leben ist, wollen wir selbst es wissen.
Denn unsere Ur-Frage, die uns auf Schritt und Tritt begleitet, lautet gnadenlos und unmissverständlich: „Wer bin ich, und wenn ja, warum?” Zur Antwort führt mitunter der Umweg, häufig auch der Irrweg. Was es allerdings nicht gibt: den Ausweg.
Diese Ur-Frage will beantwortet sein. Die Antwort darauf bauen wir uns selbst. Mit allem was wir tun oder nicht tun, was wir arbeiten, kaufen und verkaufen, was wir sagen, wozu wir schweigen, mit allem, was wir posten, liken, sharen bauen wir uns selbst unsere innere Geschichte, setzen das Mosaik unserer inneren Wahrheit zusammen. Die Bausteine dafür sind unsere Werte.
Wie gehen wir damit um?
So wie unsere inneren Spin Doctors?
Oder wie die meisterlichen Baumeister unserer inneren Trutzburg?
Auch in diesem Metier ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, die viel zitierten 10.000 Praxisstunden am Weg zur Meisterschaft sind auch in Sachen Werte & Wahrheit zu leisten und der Preis für den Erfolg ausnahmslos im Voraus zu begleichen.
So einfach ist das. So einfach, aber gar nicht leicht.
Sein heißt – auch und vor allem – Wert-Sein.
Was sind uns unsere Werte wert?
Was wollen wir wert sein?
Das ist unsere innere Geschichte, die nicht bloß davon erzählt, was war, sondern von unserer Wahrheit.
Das besonders Gute daran: niemand sonst als wir selbst schreibt diese Geschichte. Mit jeder Entscheidung, mit jedem Kompromiss, mit jeder Gelegenheit, die wir uns nicht entgehen lassen, weil sie gut oder günstig ist und es ja niemand bemerkt, mit jeder Hand, die wir aufhalten, mit jeder Hand die wir reichen … You get the idea, oder?
Unser Wert-Sein ist, wer wir sind.
Daran beißt sich jeder Spin Doctor die Zähne aus.
Was sind wir uns wert?
In unseren Wert-Vorstellungen vermischen wir oft das, was uns wichtig ist mit echten Werten, Moral, Tugenden und Wert-Systemen wie zum Beispiel Familie oder mit Ressourcen wie dem allseits beliebten Geld.
Es ist nicht alles Wert was glänzt. Dennoch ist es für die erkenntnisreiche Selbstbetrachtung äußerst hilfreich, wenn man versteht, was denn ein echter Wert ist und was wir nur dafür halten. Denn im Laufe des Lebens verändert sich mit unseren Prioritäten auch die Bedeutungshierarchie unserer Werte. Oder es rücken ganz neue Werte in unseren Fokus und lösen andere ab. In jungen Jahren mag man noch auf Teufel komm raus um seine Unabhängigkeit kämpfen, später im Leben, wenn er dann raus ist, der Teufel, erkennt man seine Götter vielleicht in der Solidarität.
Wenn man über Werte und Wert-Sein reden will, spricht man am besten mit Sigrid Tschiedl. Schlau wie ich bin hab ich das getan, und du kannst uns zuhören, in dieser Podcast-Folge.
Und du kannst darüber lesen, denn am 27.10.2020 erscheint auch Sigrid Tschiedls neuestes Buch WertSEIN, das ich dir Lesebefehls-artig ans heiße Herz drücke. Es ist ein Sachbuch, ein Fachbuch und vor allem auch ein Machbuch, denn es liefert Anstoß, Wissen und praktische Tipps in einem.
Drei Erbaulichkeiten in einem? Sowas findet man sonst ja nur noch bei der Kinderüberraschung! Oder man schnappt sich auch noch KörpersprachlICH und KommUNIKATion, denn WertSEIN vervollständigt diese beiden gleichermaßen nutzbringenden Bücher aus Sigrids flinker Feder zum Trio. Die drei Musketiere des lebenspraktischen Erkenntnisgewinns.
Die drei Musketiere des Anti-Frust-Movements heißen übrigens MindBusters und bestehen aus Romans Szeliga, yours truly und eben Sigrid Tschiedl, die in unserem Gespann als die offizielle Rampenfrau für Werte, die wirken, zuständig ist.
Dass Die Drei Musketiere in Alexandre Dumas Roman zu viert waren, ist eine andere Geschichte, und das Geheimnis, weshalb er das Werk nicht der Einfachheit halber Die vier Musketiere nannte, nahm er mit ins Grab.
Manchmal braucht es eben einen Vierten, damit ein Trio komplett und aller guten Dinge drei werden.
Aufbrechen oder stillstehen?
Auf der Liste der rund 130 anerkannten Werte – ja, davon gibt es eine ganze Menge – haben Freiheit und Selbstbestimmtheit bei den meisten von uns besonders schöne Ehrenplätze ergattert. Der Weg dorthin besteht aus vielen, vielen Schritten, der wichtigstes davon ist der erste Schritt, der Aufbruch – Etappe 1 jeder Heldenreise.
Wie sich eine Heldenreise anfühlen kann, erlebt man häufig auf faktischen Reisen. Jede dieser Reisen beginnt mit einem ersten Schritt, unser Leben ist voll von ersten Schritte, die uns weiter bringen. Jakob Horvat ist ein Spezialist für erste Schritte, fürs Aufbrechen, fürs Verlassen der Komfortzone und fürs Ankommen im richtigen Leben – im eigenen Leben, das auf einen wartet, wenn man das Fremdbestimmte loslässt. Er ist ein professioneller Anfänger und Aufbrecher. Nicht zufällig heißt seine Website ThousandFirstSteps.com und sein Buch Weltnah – raus aus der Komfortzone, rein ins Leben. Jakob Horvat war zu Gast in meinem Podcast – ein Gespräch, das mir besonders viel Freude macht. Er hat eine Menge losgelassen und dadurch noch viel, viel mehr entdeckt. Ich lade dich ein, uns auf Jakobs Reise durch seine Vergangenheit, seine Gegenwart und seine erkenntnisreichen Entdeckungen zu begleiten, und Jakob und ich wünschen dir viele erste Schritte zu deinen eigenen Aufbrüchen.
Bist du dir selbst gelungen?
Unser Weg braucht tausende erste Schritte, jeder einzelne davon ist eine Entscheidung für oder gegen uns selbst, zu uns selbst oder fort von uns. Das gilt für jeden von uns ganz persönlich, und im selben Maß für jedes Unternehmen, für Teams, für unsere Gesellschaft. Ob wir unsere Werte leben oder nicht – jede für sich, füreinander, als Anfü(h)rerinnen: „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen”. Darin erkennen wir uns selbst.
Damit schreiben wir unsere innere Geschichte, auf die kommt es an. Sie erzählt nicht von dem was wir erleben, sondern von dem, was wir erkennen. Sie erzählt davon wie wir uns in uns selbst verwandelt haben. Nicht davon, was uns alles gelungen ist, sondern ob wir uns selbst gelungen sind. Das ist unser Wert-Sein, und das sollte uns doch jede Mühe wert sein, oder?
Ohne unsere innere Wert-Geschichte mäandern wir orientierungslos durchs Leben und erleben hautnah, was meine Großmutter, die alte Story Dudette meinte, als sie auf den Umschlag ihres Tourenbuches schrieb: „No Story. No Glory.”