Jenseits von Werbung: An ihren Daten wollt Ihr sie erkennen?

Werberaumplattformen – ob analog oder digital, Print oder bewegt – übertreffen sich selbst mit der Produktion von Zahlenmaterial, das den Werbekunden zweifelsfrei dokumentiert: die größte, beste und schönste Zielgruppe klebt genau jeweils hier und steht somit wehrlos bereit, Werbung vor die Nase geschoben zu bekommen. Die Zielgruppe selbst zappt allerdings weg, schaut gar nicht hin, ist genervt und blättert drüber, als würde sie diese vielversprechenden Statistiken nicht kennen. Tut sie auch nicht.

Das erinnert mich an den Peter Greenaway-Film „Drowning by Numbers”, der 1988 in Cannes ausgezeichnet wurde. Im Film geht’s um eine Großmutter, ihre Tochter und ihre Nichte, die ihre Ehemänner ertränkten, und um den Ermittler in diesen Mordfällen. Als filmsprachliches Stilelement verwendet Greenaway Spielregeln, Wiederholung und – wie der Titel bereits verrät – Zahlen. Wiederholung, sich an Regeln klammern, Zahlen und letztlich ertrinken … abgesehen davon, dass sie von den Damen ertränkt wurden, anstatt sich selbst Betonpantoffel anzuziehen, passt diese Metapher wunderbar auf das Bild, das die verschränkte Werbe- und Medienindustrie seit Jahrzehnten abgibt.

Hat irgend jemand bemerkt, dass die Zahlenfixiertheit, die Jagd nach mehr Kontakten und besseren Click-through-Raten, das verzweifelte Datensammeln, Targeten und Re-Targeten, um Menschen zu erwischen, die eigentlich etwas ganz Anderes sehen wollen, einer der Hauptgründe ist, wenn nicht der einzige, dass die Menschen tatsächlich etwas ganz Anderes sehen wollen? Einmal klickst du bei Amazon versehentlich auf einen Rasenmäher und die nächsten drei Wochen verfolgt dich das Teil durchs Internet als hättest du tatsächlich einen Garten.

 

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Sind wir ehrlich, das Jammern über die Probleme Werbekontakte zu erzielen, ist doch nichts Anderes als ein Herumschleichen um eine unangenehme Wahrheit. Leute, die Methoden, die uns über hundert Jahre lang Erfolg gebracht haben, die bringen’s nicht mehr. Um es mit Albert Einstein zu sagen: „Wir können Probleme nicht mit denselben Methoden lösen, mit denen wir sie erzeugt haben!” Wir müssen unsere Methoden radikal ändern. Und unsere Denkweise zu allererst.

Bei aller Notwendigkeit, Daten in Mediaplanung & Co smart einzusetzen bleiben Daten am Ende nur Daten. Und wir sind so sehr damit beschäftigt, die öffentliche Meinung zu messen, dass wir ganz darauf vergessen, was unser Job ist: Meinung zu formen, Meinung erzeugen, beim Meinungbilden mithelfen. Eine Wert-volle Brandstory mit Wert-vollem Content ist dafür die einzige Methode, die nachhaltig Erfolg bringt. Marken müssen mit ihrer Kommunikation im Leben der menschen Bedeutung haben, über den Produktnutzen hinaus nützlich sein.

 

Bill Bernbach kritisiert Daten und Statistiken fixierte Marketingstrategien.

 

Sollen wir uns von Daten verabschieden? Nein. Aber wir müssen auf Hochdruck neue Methoden und Messgrössen entwicklen, mit denen wir die echte Effizienz von Marketing-Kommunikation beurteilen. Wie messen wir Relevanz und Time with Brand, denn nur das zählt? Seit der erste Mammuthändler im Neandertal aufsperrte geht es doch immer um dieselbe Frage: Wie bekommen, behalten und belohnen wir Aufmerksamkeit? Mittlerweile sind wir halt eine ziemlich großer Haufen Neandertaler – Herumschreien reicht nicht mehr. Und die Keule schon gar nicht.

Niemand hat behauptet, dass das einfach ist. Wer es einfach haben will, dem empfehle ich so weiter zu tun wie bisher, sich an die guten alten Zahlen zu klammern und mit ihnen unter zu gehen. Das gute daran: es wird nicht lange dauern.

 

Bildhinweis: Gettyimages – Portrait of a shocked man behind glass | Chris Turner

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