Ein paar Dinge werden unter Garantie nicht geschehen. Zum Beispiel, dass El Story-Duderino auf seine alten Tage aus seiner Mördergrube ein Herz macht. Deshalb dieses: Es geht mir wenig mehr auf den Sack als das Storytelling-Buzzword-Gegurgle der selbsternannten Expertenschar, deren Fachwissen bereits spätestens dort endet wo Story beginnt.
Aber was mir tatsächlich den Sod brennen lässt, sind Excel und PowerPoint. Zwei Seuchen! Pfui!
Listen, Adressen, Mitgliederverzeichnisse, Konzepte, Strategien … Es vergeht kaum ein Tag, an dem mich nicht ein Excel-File voller Text überrascht, den die Spalten zum größten Teil naturgemäß sowieso verschlucken. Das ist in aller Regel auch gut so, denn Menschen, die Texte in Excel schreiben, bringen meistens nichts Interessantes zur Party mit.
Rechne mit dem Schlimmsten.
Nebenbei: Excel ist ein Tabellenkalkulationsprogramm, das heißt: zum Rechnen. Wenn ich von jemandem ein Excel-File bekomme, dann rechne ich. Und zwar mit dem Schlimmsten. Das tritt praktisch immer unmittelbar ein.
Noch schlimmer sind PowerPoint und seine Artgenossen unterschiedlicher Hersteller.
Majestix fürchtet nichts mehr, als dass ihm der Himmel auf den Kopf fällt. Storyduderix zittert davor, dass ihn ein Bullet-Point verschluckt.
Diese schwarzen Punkte!
Schau mal genau hin: Das sind in Wahrheit schwarze Löcher! In denen verschwindet alles, was nur einen Hauch von Kreativität, Menschlichkeit, Inspiration oder sonst was hat, das man sinnvoll brauchen könnte.
Und bitte am besten noch möglichst viel auf ein Slide packen, damit die Präsentation bloß nicht zu lang wird. Keine Sorge, nach dem ersten Slide schlafen sowieso schon alle.
Dafür gleich mal die ganze Aufzählung auf einmal einblenden und nicht Punkt für Punkt, damit alle sich bemühen, Unleserliches zu lesen, aber keiner mehr zuhört. Das ist vielleicht sogar besser so.
Hauptsache, wir haben eine Liste gemacht.
Kann man eigentlich Excel in PowerPoint exportieren? Das wäre die Hölle!
Ach ja, das sind meine Lieblings-Slides: projizierte Excel-Tabellen. Wenn dann alle im Raum – die präsentierende Schattengestalt eingeschlossen – versuchen, die Tabelle zu entziffern, kommt recht bald der offizielle Satz für diese Situation: „Das kann man hier jetzt schlecht lesen, aber sie finden das alles im Handout.” – Wenn man alles im Handout findet, wozu stiehlst du uns dann unsere Lebenszeit mit deinem Präsentations-Untalent? Ist das hier betreutes Lesen für Hirnblinde?
Das perfekte Versteck.
PowerPoint ist das perfekte Versteck für Menschen, die nichts zu sagen haben, an ihrer eigenen Kompetenz zweifeln oder dem Irrtum aufsitzen, Fakten könnten Menschen zu etwas bewegen.
Irrtum. Fakten treffen nicht ins Ziel!
Wer etwas erreichen will, muss ins Herz. Da führt keine Bullshitpoint-Liste hin, sondern nur Story. Denn das ist es, was Menschen bewegt. Unsere gemeinsame Geschichte.
Beginn einen Satz mit: „Ein paar Zahlen …”, oder „Die Zahlen sprechen für sich …” und dein Publikum erstarrt innerlich in einer Ganzkörper-Fimose epischen Ausmaßes.
Beginn einen Satz mit: „Stellen Sie sich vor …”, oder „Wäre es nicht phantastisch, wenn …” und alle Herzen spitzen ihre Ohren.
So einfach ist das.
Übrigens, wenn wir über die Zukunft sprechen, dann gibt es sowieso keine Fakten. Da können wir die Bullet Points gleich dort stecken lassen, wo die Sonne niemals scheint.
Steve, Jeff & Aristoteles.
Bei aller Anerkennung muss man Steve Jobs und Jeff Bezos durchaus kritisch betrachten. Doch es ist kein Zufall, weshalb unter anderem diese beiden PowerPoint nicht dulde(te)n.
Steve Jobs sagte: „Menschen, die wissen, worüber sie reden, brauchen kein PowerPoint.”
Meetings bei Amazon sind rigoros PowerPoint-befreit.
Jeder der Teilnehmer bekommt zu Beginn ein maximal sechsseitiges Dokument, das nach klaren narrativen Strukturen aufgebaut ist und beschäftigt sich 30 Minuten damit. Dann wird diskutiert. Warum?
Weil Jeff Bezos auch erkannt hat, was Aristoteles vor bald 2.500 Jahren bereits wusste. Jede gewinnende Argumentation braucht drei Faktoren: Ethos – Charakter/Autorität/Glaubwürdigkeit, Logos – die Beweisführung und Pathos – den emotionalen Appell, ohne den Ethos und Logos für den Hugos sind.
Ja, Fakten sind durchaus auch wichtig, aber als Abstützung nicht als Ursache einer Idee.
Albert Einstein, der ja mit Logik und Zahlen durchaus etwas anzufangen wusste, sagte: „Alles, was zählt, ist die Intuition. Der intuitive Geist ist ein Geschenk und der rationale Geist ein treuer Diener. Wir haben eine Gesellschaft erschaffen, die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat. ”
Zahlenlogik? Hurra!
Wenn in einem Raum fünf Menschen sind und sieben rausgehen, dann müssen zwei reingehen, damit der Raum leer ist. Rechne nach!
In Österreich gibt’s 24 Millionen Flüchtlinge – jeder hat schon drei gesehen. Fakt!
Zahlen, Fakten, Logik – Hurra! Bestimmt liegt jetzt Adam Riese mit einer riesen Erektion in seiner Grube.
Genauso machen wir das auch in unserer Marketing-Kommunikation.
Die erste Werbeagentur der Welt, die J. Walter Thompson 1864 in New York gründete, war eine Media-Agentur, also dafür zuständig, möglichst vielen Menschen die Werbung ihrer Kunden möglichst effizient unter die Nase zu schieben. Dieses Denken ist bis heute der echte Motor der gesamten Marketing-Kommunikationsindustrie. So viele Goldene Löwen kann man gar nicht durch Cannes treiben als das sich das ändert und nicht just in diesem Augenblick irgendwo ein Excel-File per PowerPoint-Präsentation an die Wand geworfen wird, damit man es dann im Handout wirklich sieht. Oder nicht.
Werbung funktioniert nicht mehr, weil Fernsehen massiv an Bedeutung verliert? Da fällt uns schon was Schlaues ein! Ein Algorithmus zum Beispiel, oder Targeting, Re-Targeting, Native Advertising, Programmatic Advertising … Wer die besten persönlichen Infos von Usern hacked, gewinnt! Und zwar, ob’s die User wissen oder nicht … Los geht’s!
Adverstalking? – Das ist die beste Idee, die wir haben? Ehrlich?
Ich will das nicht glauben.
Und irgendwie scheint die Idee ja auch gar nicht sooo gut zu sein.
CNN berichtet, dass dank unfehlbarer Zahlen, Daten und Fakten der YouTube-Algorithmen die Werbe-Videos von über 300 Firmen wie Adidas, Amazon, Facebook (HiHiHi!), Hilton, LinkedIn, Mozilla, Netflix oder Under Armour einschließlich einiger US-Zeitungen und -Regierungs-Organisation ins Umfeld von Kanälen platziert wurden, die Nazi-Zeugs, Pädophilie, Verschwörungs-Theorien oder nord-koreanische Propaganda zum Inhalt haben. Da will man als Marke natürlich unbedingt dabei sein, oder?
YouTube gehört bekanntermaßen Google – die es immerhin schaffen, sich „Don’t be evil“ auf die T-Shirts zu drucken, während sie das Userdaten-Hacken zur gefragtesten Kulturtechnik und Haupteinnahmequelle im Global Village entwickeln, während wir uns selbst begeistert klickend in ihr Produkt verwandeln.
Was ändert sich?
Sollten wir vielleicht über die Qualität dieser Dienstleistung und des damit verbundenen Denkens doch noch mal kurz nachdenken? Ist zählen, messen, auschecken wirklich sooo erfolgsversprechend?
Wird sich das nie ändern? Nein, außer wir ändern’s. Lust drauf? Es wäre nämlich höchste Zeit!
Bereits in den frühen 60er-Jahren sagte der legendäre Werbemann Bill Bernbach: „This business of trying to measure everything in precise terms is one of the problems today. This leads to a worship of research. We’re all concerned about the facts we get and not about how provocative we can make those facts to the consumer.” Bill Bernbach hätte gerne nicht mehr recht.
Lasst uns etwas Neues machen!
Am besten denken wir über eine Alternative nach. Eine Alternative, die funktioniert und sich deutlich vom Tatbestand des Ausspionierens und Einschleichens unterscheidet. Über Story zum Beispiel. Das ist wirklich neu!
Oder eigentlich nicht.
Story ist so alt wie wir Menschen. Story tut etwas für uns und mit uns. Denn Story basiert auf Werten und Haltung. Story ist unser Werkzeug zur Erklärung der Welt – was jetzt wie und warum passiert.
Story macht uns Lebewesen zu Menschen. Story macht Produkte zu Marken.
Story aktiviert Bedeutung und schafft Beziehung. Von Mensch zu Mensch. Und wenn man’s authentisch, ehrlich und respektvoll angeht, auch zwischen Menschen und Marken.
Story statt Werbung funktionier nachweislich. Marken mit Bedeutung haben mehr Erfolg – in ihren KPIs, im Share of Wallet, an der Börse. Das kann man mit Zahlen belegen, sogar in Excel-Tabellen. Aber man kann es nicht in Excel-Tabellen beschreiben.
Story kann man nicht erfinden. Aber finden. Dort wo die Wahrheit einer Marke wurzelt, denn dort entsteht ihre Bedeutung für ihr Publikum.
Das ist meine wache Hoffnung bei jeder PowerPoint-Folter: Am Ende gewinnt die bessere Geschichte. Am Anfang auch.
Ja, Story ist eine Frage der Haltung und eine unverzichtbare Notwendigkeit für erfolgreiche Kommunikation. Egal ob Weltkonzern, KMU oder EPU – jeder Mensch, jede Marke, jedes Unternehmen hat eine Story und steht für etwas, und sei es für nichts. Ohne Story bleibt dir nämlich nur noch ein einziges Thema, so oder so: der Preis.
Das entdeckte auch meine Großmutter, die alte Story Dudette, als sie einst nächtens über einem Excel-Filebrütete und die Formel ein eindeutiges Ergebnis auswarf: „No Story. No Glory.”