Ich gehe jede Wette ein: bei der Info über ein Unternehmen kommt spätestens wenn’s ums Thema Mitarbeiter geht „Die Menschen stehen bei uns im Mittelpunkt”. Ausnahmslos! Dagegen gibt’s im Prinzip nichts einzuwenden, abgesehen davon, dass es jeder sagt und somit nichts Besonderes ist, es sich um eine Selbstverständlichkeit handelt und somit nichts Besonderes ist, und dass der Satz zwar oft gut gemeint, tatsächlich aber nicht wahr und somit nichts Besonderes ist.
Für die Markenführung wird’s allerdings fatal, wenn das Publikum nicht im Fokus steht. Das beginnt – wie alles im Marketing – mit Produkt & Services und führt über die Kommunikations-Story hin zur Brand Experience. Nicht knieweiches „Mensch im Mittelpunkt”, sondern „radikale Ausrichtung auf die Relevanz für das Publikum” ist also schwer angesagt. Aber allzu leicht gesagt. Denn, wer sich auf diesen Weg begibt, wird schnell erkennen, wie schnell man dabei auf der spiegelglatten Oberfläche des überlaufenen Allgemeinplatzes ausrutscht. Hier bin ich Mensch, denn: Was zählt sind die Menschen. – Ja, was denn sonst?
Nichts interessiert die Menschen so wie Menschen, am liebsten echte. Darum zeigt man sie in Dschungel-/Gesangs-/Tanz-Camps und in Werbekampagnen gleichermaßen gerne ausdrücklich echt. So wie sie eben sind, scheinbar im Reinen mit ihren Hüftspecken, lustigen Nasen und seltsamen Frisuren und dabei doch immer auf der Suche nach sich selbst, oder nach sonst irgendwas. Echtes Leben, echte Menschen. Dabei gibt es nur einen einzigen Menschen auf Erden, der wirklich jeden interessiert. Nur: Wer ist das?
John Steinbeck hat es perfekt formuliert: „If a story is not about the hearer, he will not listen. And here I make a rule – a great and interesting story is about everyone or it will not last.” Wer das verstanden hat, weiß, dass alle Bekenntnisse zum König Kunde in der heutigen Zeit viel weiter reichen, als es in der Kommunikation abgebildet werden kann. Es geht um eine grundlegende Veränderung der Haltung eines Unternehmens, also der Menschen, die dort arbeiten. Es geht um das Zauberwort Empathie und der bedingungslosen (= ausredelosen) Hinwendung zu dem, was für die Menschen wirklich relevant ist. And here I make a rule: Relevant ist in den seltensten Fällen das Produkt. Auch wenn alles damit beginnt.
Wir Menschen sind auf der Suche nach Werten und deren Bedeutung in unserem Leben. Und zwar ständig, aller meistens unterbewusst und deshalb umso wirkungsvoller. Denn alles, was wir denken, tun und entscheiden passiert emotional und unterbewusst. Unser Bewusstsein erfindet blitzschnell die passende Rechtfertigung für unser Verhalten, und so formt sich nach und nach das, was wir Charakter und Persönlichkeit nennen.
„An ihren Taten sollt ihr sie erkennen”, steht schon in der Betriebsanleitung fürs christliche Leben. Allerdings ist es für Kommunikatoren von lebenswichtiger Bedeutung, den Antrieb hinter diesen Taten zu verstehen. Und dabei hilft der Satz aus der Betriebsanleitung für den vernetzten Menschen „An ihren Daten sollt ihr sie erkennen” leider nur scheinbar. Was wirklich hilft ist die Auseinandersetzung mit den Werten und Sehnsüchten der Menschen. Genau dort entsteht Story. Genau dort wird der Motor für eine kraftvolle, ernsthafte Brandstory gestartet. Genau dort entwickelt sich eine Storyworld: die gemeinsame Wertewelt, in der Menschen und Marken einander respektvoll begegnen. Und genau dort entstehen Relevanz und Bedeutung. Plötzlich verwandelt sich oberflächliches Storytelling in respektvolles, nachhaltig wirkungsvolles Storysharing.