Thunder Levin hatte vor ein paar Jahren den Mut, in einer Besprechung in Hollywood zu sagen: „Das ist meine Idee: Ein Tornado wirft gefräßige Haie über Los Angeles ab!”, aber niemand hatte den Mut, den Typen kopfüber in den Papierkorb zu stecken, und deshalb gibt es von „Sharknado” leider nicht nur bereits fünf Teile, sondern auch eine TV-Serie. Ich hoffe für seine Eltern, dass Levin nicht sein echter Familienname ist.
Bei Pepsi wiederum hatte jemand kürzlich offenbar nicht nur Pepsi zum Frühstück und danach die Idee: „Aktueller Rassismus geht immer, Leute, da steckt Emotion drin. Wir setzen uns auf die Unruhen in Baton Rouge und inszenieren Kendall Jenner als Ieshia Evans. Das wird sicher ein Aufsehen erregender Werbespot.”.
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Jedenfalls letztere Prognose trat ziemlich punktgenau ein, wenn auch das erregte Aufsehen „… so awful it did the impossible: it united the internet.” zum Thema hatte.
Ideen sind kostbar.
Zu den größten Kostbarkeiten, die uns Menschen geschenkt wurden, gehören Ideen, Hoffnung und Emotionen. Darin sind wir jedem Algorithmus, jedem Roboter und Alexa auch, auf lange Sicht haushoch überlegen. Der lieben Siri sowieso. Andrerseits wäre eine steife Brise Artificial Intelligence als Gegenbewegung zum wachsenden Real Stupidity-Trend mitunter aufs Allerherzlichste willkommen. Vielleicht bringt uns ja der Nikolo ein wenig davon. Oder der Krampus holt die Bullshiter.
Ideen, Hoffnungen und Emotionen sind kostbar, und ich kann bis heute nicht verstehen, warum in Besprechungen ständig Sätze fallen wie: „Das ist jetzt nur ein Gefühl …” oder „Das ist jetzt nur eine Idee …” Revolutionen, Nationen und großartige Unternehmen sind auf Ideen, Hoffnung und Emotionen errichtet.
Nur Ideen bringen uns weiter.
Neues entsteht, weil irgendjemand sinngemäß sagte: „Scheiß auf die Kerzen, ich probier jetzt ein paar tausend Möglichkeiten aus, wie ich mit Strom Licht erzeugen kann. Wenn ich fertig bin, haben wir wenigstens Glühbirnen, auch wenn es kein Stromnetz gibt.” Oder: „Mir doch egal, dass über 80 Prozent der Menschen nicht lesen können und es keine einzige Buchhandlung gibt. Ich erfinde jetzt den Buchdruck, ihr könnt ja in der Zwischenzeit weiter an eure Höhlenwände zeichnen.” Das ist Kreativität! Das ist Innovation! Das sind wir Menschen!
Das erste Erkenntnis-Quartett für uns als Story-Insider lautet also:
- Die Hoffnung stirbt nicht zuletzt, sondern lebt zuerst.
- Der Erfolg einer Idee sagt definitiv nichts über ihre Qualität aus, so oder so.
- Eine Emotion kann nie falsch sein, aber durchaus unpassend.
- Nur weil eine Idee gut ist, ist sie noch lange nicht brauchbar.
Weil wir gerne und oft aus eigenen Fehlern lernen, aber dennoch nicht jeden selber machen müssen, zeigt uns das Pepsi-Desaster noch was: Abgesehen davon, dass diese Idee eine total aufgesetzte hanebüchen dämliche Werberhirnidee ist, sie kann nur mit Krampf ins Brandpositioning Live for now geschraubt werden und wäre damit professioneller Weise keiner weiteren Überlegung wert, selbst wenn sie gut wäre.
Emotionen – so göttlich wie teuflisch.
Die Kraft von emotionalen Ideen ist unendlich, und das ist auch das verhexte an den göttlichen Emotionen: Sie emotionalisieren uns auf Teufel komm raus, was er dann auch prompt tut und uns augenblicklich zu unserem eigenen Opfer macht.
Wenn es um Emotionen, Marken und Produkte geht, dann feiert die Kommunikationsbranche zu Weihnachten Erntedank. Denn so sicher wie der funkelnd leuchtende Coca-Cola-Truck und somit Weihnachten, kommen alle Jahre wieder die dazu gehörigen Kampagnen auf die Erde nieder, wo wir Menschen sind. Und genauso sicher rennen Marketer weltweit volle Pulle gegen den Ohtannenbaum, dass die Brand-Strategy-Funken nur so spritzen.
Seit einigen Jahren, spätestens seit EDEKA uns mit dem #Heimkommen/Vater-Opa-Film ein prächtig verpacktes Paket voller Zynismus unter den Baum legte, ist der Lebensmittel-Händler einer der Hauptdarsteller der alljährlichen Folklore.
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Im verwichenen Jahr wurden, nachdem der #Heimkommen-Vater/Opa offenbar leider doch nicht überlebte, Kinder beschenkt, und zwar mit Zeit. Unter #Zeitschenken gab’s einen emotional starken Spot und für das EDEKA-Publikum manche Anregung auf der Website dazu, damit alle jenseits von Werbung selbst aktiv Teil der Story sein können. Das ist prinzipiell ideal.
Kein Fest ohne … Brandstory
Das Jahr 2017 steht bei EDEKA anscheinend im Zeichen der künstlichen Intelligenz, denn Roboter haben mittlerweile einen Fixplatz in den Werbeauftritten. Das ist ganz sympathisch gemacht und funktioniert auch prächtig mit der EDEKA-Story „Wir lieben Lebensmittel”. Im Film „Was ist Liebe” glückt die Verbindung aus den Werten und Meta-Werten (das ist die Story!), der Umsetzungsidee und dem faktischen, den Lebensmitteln, wunderbar.
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Der heurige Weihnachtsfilm #KeinFestOhne bringt das Kampagnenmotto „Ohne Liebe ist es nur ein Fest” unter die Leute. Ein filmisches Prachtstück in fast epischer Länge mit einem Produktionsbudget, dass die Augen funkeln lässt, als wäre gleichzeitig auch noch Ostern und Geburtstag. Da werden vermutlich heuer bei den Kindern der Produzenten einige Zusatzüberraschungen unterm Baum auftauchen.
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Ich frage mich:
Ist der Film #KeinFestOhne gut? – Was heißt gut, der ist sogar super!
Ist der Film emotional? – Aber wie!
Ist die implizite Botschaft wichtig und richtig? – Zweifellos!
Bekommt EDEKA dadurch Likes & Shares? – Jede Menge?
Viel Geld – weit daneben.
Allerdings setzten die Leute von EDEKA auch heuer wieder eine Menge Geld ziemlich weit neben die Brandstory „Wir lieben Lebensmittel”, also in den Sand (Schnee gibt’s ja noch nicht viel). Wieso fragt sich dort niemand: „Fällt uns was Geiles ein, was dasselbe tut, nur halt für unsere Brandstory, anstatt für irgendeine?” Wieso fragt niemand: „Kann man den Spot in Richtung Lebensmittel spinnen?” Und ein anderes Teammitglied. „Nur eine Idee: Was ist, wenn das magnetische Herz für den Roboter tatsächlich ein Keks ist und aus dem Ofen duftet?”
„Ohne Liebe ist es nur ein Fest” stimmt punktgenau, aber bei EDEKA geht Liebe nun einmal durch den Magen, und daran führt kein noch so verführerischer Emotionsweg vorbei. Den Irrweg erkennst du, wenn du am Ende eines Films nicht zwingend deinen Claim – hier: „Wir lieben Lebensmittel” – zeigen musst. Und wenn der Claim sogar noch ein überraschendes, inneres „Aha!” auslöst, dann ist dir ein Meisterstück geglückt.
Wieso denkt ihr euch nicht etwas aus, das emotional ist, gut gemacht und trotzdem den EDEKA-Markenkern nährt? Bei „Eatkarus” und „Supergeil” ist es euch ja auch supergeil gelungen.
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Neues Jahr – neue Chance.
Vielleicht ist das ein erster Neujahrsvorsatz für 2018? Denn auch im nächsten Jahr werden wieder alle auf Emotion setzen und die Unterscheidung wird dadurch immer schwieriger. Vielleicht küsst sogar die Brandstory-Muse jemanden unterm Mistelzweig und flüstert: „Für nächste Weihnachten fällt dir überhaupt etwas ganz Anderes ein …” Und sie nehmen einander an den Händen und machen gemeinsam das, was die Menschen im „Kein Fest ohne”-Film längst taten: Sie fliehen vor der künstlichen Intelligenz in den Wald. (Nur eine Idee …)
Dabei könnte auch eine intensivere Aktivierung des Publikums helfen, als es auf der EDEKA-Website derzeit geschieht, denn dann würde sich die Kraft der Idee jenseits von Werbung multiplizieren und massiv an erlebbarer Glaubwürdigkeit gewinnen. HoHoHo: Brand Experience!
Brand Experience schlägt Werbung.
Ein großartiges Beispiel dafür ist die kanadische Airline WestJet, die seit Jahren konsequent ihre Care-Story als Unternehmensmission teilt. Mit einem lukrativen Plan für Mitarbeiter, Unternehmensanteile zu kaufen, werden die Mitarbeiter zu Miteigentümern und machen den Claim „Owners Care” ganz persönlich in unterschiedlichen Formen lebendig. Diese Story trug sicher mit dazu bei, dass die Airline vom Lowcost-Carrier zu einer nordamerikanischen Top-Ten-Airline aufstieg. Hier etwas mehr dazu.
Care eignet sich gerade zu Weihnachten besonders gut für Immersive Brand Experience-Aktionen. Die WestJet-Videos dazu sind bereits Klassiker, besonders jenes aus 2013 mit vielen Millionen Aufrufen auf YouTube. Sehr inspirierend, auch im Geiste von Pablo Picasso: „Gute Künstler kopieren, großartige Künstler stehlen!”
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Story statt Werbung gewinnt.
Die frohe Botschaft: Story statt Werbung ist angesagt und Weihnachten ist ein guter Anlass, Emotionen ins Zentrum seiner Kommunikation zu stellen. Aber bitte tappe bloß nicht in die Falle. Allzu leicht wird man von einer wunderbaren Idee verführt und vergisst darüber seine Brandstory. Aktiviere bitte ausnahmslos Emotionen um die Werte, die deine Marke mit deinem Publikum teilt. Amen.
Übrigens: Wenn du allein dein Team bist, dann gilt das selbstverständlich auch. Brandstory ist nämlich keine Frage der Unternehmensgröße, sondern eine Frage der Haltung und eine unverzichtbare Notwendigkeit für erfolgreiche Kommunikation. Egal ob Weltkonzern, KMU oder EPU – jeder Mensch, jede Marke, jedes Unternehmen hat ein Image, irgendeine Story, steht für etwas, und sei es für nichts.
Wenn du also nicht nur über den Preis reden, sondern respektvoll mit deinem Publikum ins Gespräch kommen willst, dann involviere die Menschen mit einer für euch beiden relevanten Story und zuerst die, die am nächsten beim Unternehmen stehen.
Allen, die sagen: „Bei meiner Marke geht das nicht!” sei der Titel des berühmtesten Weihnachtsgedichtes aus der Feder meiner Großmutter, der alten Story Dudette, in Erinnerung gerufen: „No Story. No Glory.”