In diesem Jahr werden viele Urlaube vermutlich aus naheliegenden Gründen eher auf naheliegenden Gründen stattfinden und nicht etwa bei den Griechen. Wir können dennoch eine Menge von ihnen lernen, zumal von den alten Griechen. Nicht für die Schule, sondern für das Leben, wie Seneca, ein weiterer großer Stoiker, bemerkte, und zwar auch in den Ferien. Denn die alten griechischen Philosophen waren keine entrückten Schwurbler von abstrakten Denkspiralen rund um bedeutungsvolle Fragen wie warum denn die Banane krumm sei, sondern Ergründer und Vermittler von lebenspraktischen Erkenntnissen, die uns bis heute Richtung, Geschwindigkeit und Drall geben können.
Und zack! meldet sich auf Stichwort schon wieder Epiktetos: „Zwei Gäste sind es, die du stets bewirtest: deinen Leib und deine Seele. Was du dem Leib bietest, gibst du bald wieder her. Was du aber der Seele bietest, behältst du für immer.”
Dem Teil mit dem Wiederhergeben werden zwar alle widersprechen, die den Göttern des reichhaltigen Urlaubsbuffets und ihrem Fluch: „A moment on the lips – a lifetime on the hips” mit lauterem Hüftgold lebenslange Sühneopfer darbringen. Und so mutiert die Frage „Was war dein schönstes Ferienerlebnis?” irgendwann im Laufe des Lebens zur Frage „Wie viel hast du im Urlaub zugenommen?”, was auch erklärt, warum man vom zunehmenden Alter spricht. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.
So oder so ist tunlichst Achtsamkeit auf das geboten, was wir reinstopfen in unsere Köpfe oder uns reinstopfen lassen.
Im Urlaub könnten wir davon einiges auslassen, oder wieder rauslassen, und danach sogar leichter, befreiter und selbstbestimmter wieder auftauchen in unserer alten Welt, weil wir zum Beispiel endlich aufhören, in Ablenkung und Verhaltenssüchten abzusaufen. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich leide darunter – im doppelten Sinn – und gönne mir definitiv ein Digital-Detox-Programm. Das will ich zum neuen Standard erheben und nicht ab Herbst im Jo-Jo-Effekt auch noch auf TikTok präsent sein.
Oft hilft in diesen Situationen, dass man sich von etwas, das einem zu viel ist, noch einmal so viel zu viel reinpfeift, bis man sich einmal davon ankotzt. Ab dann wird’s besser. Dieser Kick-off hilft zwar nicht, falls du Keith Richards bist, aber für uns anderen ist es definitiv einen Versuch wert.
Bei Amazon* heißt es dazu: „Alter warnt eindringlich vor dem bedrohlichen Anstieg der Verhaltenssüchte im digitalen Zeitalter – und zeigt auf, wie wir ihnen widerstehen können. Etwa die Hälfte der westlichen Bevölkerung ist nach mindestens einer Verhaltensweise süchtig. Wie unter Zwang hängen wir an unsere E-Mails, Instagram-Likes und Facebook-Posts; wir schießen uns mit Fernsehserien ins Koma, können das Online-Shoppen nicht lassen, arbeiten jedes Jahr noch ein paar Stunden länger; wir starren im Schnitt drei Stunden am Tag auf unsere Smartphones. Ein Grund dafür liegt im suchterzeugenden Design dieser Technologien. Das Zeitalter der Verhaltenssüchte ist noch jung, doch immer deutlicher wird, wie sehr es sich um ein gesellschaftlich relevantes Problem handelt – mit zerstörerischer Wirkung auf unser Wohlergehen und besonders auf die Gesundheit und das Glück unserer Kinder. Der Psychologe Adam Alter zeigt, warum sich Verhaltenssüchte so wild wuchernd ausbreiten, wie sie aus der menschlichen Psyche Kapital schlagen und was wir tun müssen, damit wir und unsere Kinder es einfacher haben, ihnen zu widerstehen. Denn die gute Nachricht lautet, dass wir den Verhaltenssüchten nicht unumstößlich ausgeliefert sind.”
Auf meinem Bewusstseinsstand trägt Adam Alter damit zwar ein paar Eulen nach Athen, aber nachdem ich nicht Keith Richards bin, scheint mir das ein guter Beginn für den Befreiungsschlag zu sein, der tunlichst keiner ins Wasser sein möge, aber doch die Frage offen lässt, wie man mit diesen Medien umgeht, wenn man sie doch auch wieder als Kommunikationsmittel mit der Community nützen will. Ich hoffe, „Unwiderstehlich” gibt auch darüber Auskunft!
Was sagst Du?
Wenn Dir das alles verdammt nach Sommerpause für meinen Newsletter, Blog & Podcast sowie für meine Social-Media-Channel klingt, dann hast Du den Zwischenton glockenhell vernommen, denn so ist es. In dieser Liste der Pausemacher komme ich selbst nicht vor, denn El Storyduderino & seine Spielgefährten werken emsig weiter, werden sich aber zwischendurch auch einmal in fremde Feriengefilde verkriechen. Allerdings nicht nach Griechenland, sondern so oder so ins Leseland, denn an zwei Dingen hat sich bis heute nichts geändert, womit auch dieser Sommer trotz allen Widrigkeiten ein Sommer wie damals bleibt:
1. Zum Geburtstag am Anfang der Ferien wurde mir allerlei Buchfreude ans Herz gespült
2. Es gibt so eine Menge zu entdecken, und allerschönsten Ferienerkenntnissen steht nicht im Weg.

Womit wir wieder bei den Stoikern angelangt wären und bei Senecas Gedanken über die beiden Henkel. Vollständig lautet das Zitat nämlich so: „Jedes Ding hat zwei Henkel. An dem einen kann man es anfassen, an dem anderen nicht. Wenn dir dein Bruder unrecht tut, dann packe ihn nicht bei seinem Unrecht – denn an diesem Henkel lässt er sich nicht anfassen –, sondern lieber an dem anderen Henkel, der besagt, dass er dein Bruder ist und mit dir aufwuchs; dann wirst du ihn dort packen, wo er sich fassen läßt.” Dazu passt ideal
„Im Grunde gut. Eine neue Geschichte der Menschheit.” von Rutger Bregmann
Yuval Noah Harari sagte darüber: „,Im Grunde gut‘ hat mich dazu bewegt, die Menschheit aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Ich kann es nur empfehlen.” Ich bin nicht der Richtige, um Prof. Harari zu widersprechen, wünsche uns also von Herzen, dass Rutger Bregmann recht hat und behält. Denn dann würden wir uns alle miteinander miteinander leichter tun. Und wir hätten auch, trotz dessen, was bereits jetzt in vielen Urlaubsorten abgeht, gute Gründe, daran zu glauben, dass es uns auf diesem Planten weiterhin geben wird und dass das auch sinnvoll ist.
Perspektive auf das, was ist – das ist die Story, die wir uns selbst erzählen, das treibt unserer innere Geschichte und die steuert unsere äußere auf das zu, was sein könnte. Oft braucht es ganz einfach eine neue Perspektive, ein „Was wäre, wenn …?”, damit wir aufwachen, auftauchen, in unser nächstes Kapitel aufbrechen und unserer Wahrheit näher kommen. Auch dafür liegt ein Gedanke eines großen Stoikers in Griffweite: „Alles, was wir hören, ist eine Meinung, keine Tatsache. Alles, was wir sehen, ist eine Perspektive, keine Wahrheit”, wusste unser römischer Lieblingskaiser Marc Aurel.
Unsere Perspektive ist unsere Wahrheit. So sagte es sinngemäß angeblich Zenon von Kition, als er auf der Stoa mit meiner Großmutter, der alten Story Dudette, Geschichten über das Leben teilte, die sie stets mit den Worten kommentierte: No Story. No Glory.
P.S.
In „No Story. No Glory. – Der Podcast” gibt’s eine aktuelle Episode zur Begleitung in die Ferien. Das Meer und die Seefahrt mit all den Geheimnissen, Mythen und den unbändigen Naturgewalten, die damit verbunden sind, faszinieren uns Menschen seit Anbeginn der Zeit. Neue Ufer, unbekannte Welten – des Meeres und der Liebe Wellen … Das Meer und die Seefahrt – ein unendlicher Schatz an Geschichten, reich an Metaphern auf unsere Reise durchs Leben, ins Unbekannte, in die Hoffnung. Irgendwo steht für jeden von uns ein Leuchtturm, der uns anzieht: unsere Bestimmung in unserem Bestimmungshafen, den wir selbst bei Gegenwind ansteuern. Wenn wir klug sind, klug geführt, uns selbst klug führen.
In dieser Ferien-Episode in einer seltsamen Zeit teile ich einige Gedanken über das Meer, die Bestimmung, Werte und Ziele mit dir – begleitet unter anderem von Ernest Hemingway, Eros Ramazzotti, The Police und Pier Paolo Pasolini. Wie sich das alles ausgeht? Hör rein und segle mit in die letzte Folge vor der Sommerpause. Sonnencreme nicht vergessen, bitte!!